ALFONSINA ‚FREISAM‘ PROJEKT 2027 – 2028

Abstract

„Alfonsina“ ist ein internationales, generationsübergreifendes Chorprojekt, das die kulturellen Verbindungen zwischen der Schweiz und Argentinien stärkt. Es vereint Musik, Tanz und Literatur in innovativer Form und bietet erfahrenen Künstler:innen, Nachwuchstalenten und Laien eine gemeinsame Bühne.

Im Zentrum steht die Uraufführung von „Balletto Alfonsina“ – einer neuen Komposition von Martín Palmeri für Kammermusik-, Tanz- und Chor-Ensembles. Das neunsätzige Werk basiert auf Texten der argentinischen Dichterin Alfonsina Storni, die enge Bezüge zur Schweiz hatte. Erarbeitet wird es in mehreren Probenphasen mit Schweizer Regional-Ensembles in Luzern und anschliessend in Locarno, Winterthur, Bern und im KKL Luzern (tbc) uraufgeführt.

Im zweiten Konzertteil erklingt Palmeris „Misatango“, die in diesem Rahmen ihr 30-jähriges Jubiläum feiert. Mit der Gründung der „Edizione Alfonsina“ im Juli 2025 werden die neuen Notenveröffentlichungen von Stornis Texten inspiriert und international zugänglich gemacht.

Ein begleitendes Education-Projekt öffnet Kunst und Musik einem breiten Publikum. In Workshops unter Leitung von Esther Haarbeck, Martín Palmeri, Carlos Branca, Raphael Spregelburd, Kathrin Gooses sowie Lauria und Adrian Ferreyra werden junge Menschen und Non-Professionals aktiv in die künstlerische Arbeit einbezogen – in den Bereichen Chor, Kammermusik, Tanz und Spoken Word.

Ein Open Call an Musikhochschulen in Zürich, Bern, Luzern und Lausanne fördert gezielt Musiker:innen der nächsten Generation und stärkt das Bewusstsein für gesellschaftlich engagierte Kunst.

Unter der künstlerischen Leitung von Esther Haarbeck realisiert Klangweltfinder – L’Arte del Suono e.V. mit ALFONSINA ein nachhaltiges, interdisziplinäres Projekt, das argentinische Kunstformen in der Schweiz feiert, Brücken zwischen Kulturen schlägt und die Vision Alfonsina Stornis weiterträgt.

Unser Kern-Team

Esther Haarbeck
Chorleiterin und Musiklehrerin

Deutsche Chorleiterin und Musiklehrerin mit Wohnsitz in der Schweiz; künstlerische Leitung
und Projektinitiatorin, verantwortlich für Konzeption, Koordination und Dirigat

Martín Palmeri
Komponist & Pianist

International bekannter argentinischer Komponist, Schöpfer der Misatango und der neuen Komposition Balletto Alfonsina, die den Gedichten von Alfonsina Storni gewidmet ist.

Carlos Branca
Choreograf

Argentinischer Choreograf wohnhaft in Bologna, verantwortlich für die tänzerische Umsetzung und interdisziplinäre Verbindung von Musik,
Bewegung und Bühne.

Raphael Spregelburd
Dramatiker & Autor

Argentinischer Dramatiker und Autor, leitet den Bereich Spoken Word und Poetry Slam zur textlichen Auseinandersetzung mit Stornis Werk.

Kathrin Goosses
Theaterpädagogin & Poetry Slam

Theaterpädagogin und Poetry-Slam-Coachin, unterstützt die literarischen Workshops mit Kindern, Jugendlichen und Studierenden.

Dulce Lauria & Adrian Ferreyra
Tango Tanzpaar

Tango-Tanzpaar aus Stockholm, das die choreografischen Workshops leitet und die Verbindung von Tanz, Musik und Poesie vertieft.

Ziele

Künstlerische Ziele

  • Neukomposition eines Chorwerks mit orchestraler Begleitung, basierend auf Texten von Alfonsina Storni.
  • Interdisziplinäre Verbindung von Musik, Tanz und Poesie.
  • Internationale Anerkennung für Alfonsina Stornis Wirken und Werk über die Grenzen Argentiniens hinaus

Bildungs- und Nachwuchsförderung

  • Einbindung von Schulchören und jungen Sänger:innen in das Projekt
  • Integration von Alfonsina Storni in das Lehr-Curriculum an Schweizer Schulen
  • Nachhaltige Nachwuchsförderung in Chören zur Gewinnung und Begeisterung junger Mitglieder.

Interkultureller Austausch

  • Internationales Künstler*innen-Team und die gemeinsame Arbeit an argentinischen Kunst-Genres
  • Gemeinsame künstlerische Arbeit von Musiker:innen und Tänzer:innen aus beiden Ländern (Schweiz und Argentinien)
  • Förderung des kulturellen Dialogs durch gemeinsame Workshops, Proben und Konzerte

Projektverlauf und Zeitplan

2026 – Vorbereitung & Fundraising
Konzeptentwicklung, Partnerschaften und Finanzierung bilden die Grundlage des Projekts.

2027 – Education & Probenphase
Workshops binden schweizweit junge Menschen, Studierende und Laien in die Entstehung von Palmeris neuer Komposition „Balletto Alfonsina“ ein.

2028 – Uraufführung & Konzertreihe
Das zweiteilige Programm – „Misatango“ (30 Jahre Jubiläum) und „Balletto Alfonsina“ (Uraufführung) – wird im November 2028 in Locarno, Winterthur, Bern und im KKL Luzern aufgeführt.

2029 – Weiterführung & Opernprojekt
Das Projekt reist nach Buenos Aires mit Workshops und einem Konzert im Teatro Colón. Parallel entsteht „ALFONSINA (Opera)” – eine poetische Hommage an Selbstbestimmung, Verletzlichkeit und künstlerische Freiheit.

Nachhaltigkeit & Wirkung

ALFONSINA versteht Nachhaltigkeit als kulturelle Verantwortung: Musik, Tanz und Poesie werden zu Werkzeugen gesellschaftlicher Teilhabe. Das Projekt öffnet professionelle Kunstprozesse für Menschen aller Hintergründe und schafft Begegnungen auf Augenhöhe – zwischen Profis, Laien, Jugendlichen und Studierenden.

Partizipative Workshops in Chor, Tanz und Text stärken Kreativität und Vertrauen in die eigene Ausdruckskraft. Schulen integrieren Alfonsina Stornis Werk in den Unterricht, Musikhochschulen beteiligen sich über Open Calls – so entstehen nachhaltige Bildungsimpulse mit Wirkung über das Projekt hinaus.

Die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Argentinien fördert interkulturelle Verständigung und vernetzt Chöre, Künstler:innen und Bildungseinrichtungen.

ALFONSINA wird so zum Modellprojekt für die Verbindung von künstlerischer Exzellenz und gesellschaftlicher Relevanz – ein Beispiel für eine Kunst, die verbindet, inspiriert und weiterwirkt.

Mitmachen

Möchtest du Teil von ALFONSINA werden?
Ob als Schule, Chor, Musikhochschule oder Einzelperson – wir laden dich ein, mitzuwirken!

Nimm an Workshops in Chor, Tanz, Ensemble oder Poesie teil und werde Teil eines internationalen Projekts, das Kunst, Bildung und Begegnung verbindet.

Schreib uns per Mail an info@klangweltfinder.ch, wenn du oder deine Institution Interesse an einer Zusammenarbeit habt – gemeinsam gestalten wir ALFONSINA::freisam, ein Projekt, das Brücken zwischen Generationen, Ländern und Kulturen baut.

GoFundMe für Projekt Alfonsina

Mit ALFONSINA bauen wir eine künstlerische Brücke zwischen der Schweiz und Argentinien. Inspiriert von der Dichterin Alfonsina Storni (1892–1938) feiern wir Freiheit, Poesie und die verbindende Kraft der Musik.

Unter der künstlerischen Leitung von Esther Haarbeck und dem argentinischen Komponisten Martín Palmeri entsteht ein neues interdisziplinäres Werk, das Chöre, Tänzerinnen und Poetinnen aus beiden Ländern zusammenführt – ein Dialog zwischen Klang, Bewegung und Sprache.

Damit dieser kulturelle Austausch Wirklichkeit werden kann, sammeln wir Spenden für Proben, Workshops, Reisen und Aufführungen – darunter auch die Uraufführung einer neuen Komposition im KKL Luzern.

Jeder Beitrag hilft, Musik zu einer Sprache der Verbindung werden zu lassen.

Alfonsina Storni

Alfonsina Storni (1892–1938)

Geboren in der Schweiz und aufgewachsen in Argentinien, wuchs Alfonsina Storni in einer Welt auf, die Frauen kaum Raum für Selbstbestimmung ließ. Schon früh lernte sie, Verantwortung zu tragen und sich gegen gesellschaftliche Erwartungen zu behaupten – Erfahrungen, die später zu einem zentralen Thema ihres literarischen Schaffens wurden.

Nach ersten Anstellungen in Fabriken und Schulen begann Storni zu schreiben – zunächst heimlich, dann mit wachsender Entschlossenheit. 1916 veröffentlichte sie auf eigene Kosten ihren ersten Gedichtband La inquietud del rosal („Die Unruhe des Rosenstrauchs“), der den Beginn einer der bedeutendsten lyrischen Stimmen Lateinamerikas markierte. Ihre Sprache war neu: emotional, kompromisslos ehrlich, von weiblicher Perspektive durchdrungen und zugleich universell.

In den folgenden Jahren entstanden Werke wie El dulce daño (1918), Languidez (1920) und Ocre (1925), die von Sehnsucht, Widerspruch und Selbstbefragung erzählen. In ihren Texten reflektierte Storni mit feiner Ironie und poetischer Wucht über Liebe, Einsamkeit, Körperlichkeit und den Platz der Frau in einer patriarchal geprägten Gesellschaft. Dabei verband sie persönliche Erfahrung mit einer klaren, intellektuellen Schärfe, die ihrer Zeit weit voraus war.

Als Schriftstellerin, Lehrerin und Journalistin kämpfte sie um Anerkennung in einer männlich dominierten Kulturlandschaft – und gewann sie. Ihr Werk gilt als Brücke zwischen der Moderne und einer neuen, weiblich definierten Literatur Lateinamerikas. Mit zunehmender Krankheit und Erschöpfung wurde ihr Schreiben noch introspektiver, bis ihr letztes Gedicht Voy a dormir („Ich gehe schlafen“) 1938 zu einem stillen Abschied wurde.

Alfonsina Storni hinterliess ein literarisches Vermächtnis, das weit über ihre Zeit hinausreicht. Ihre Texte sind nicht nur poetische Zeugnisse einer verletzlichen und zugleich kämpferischen Frau, sondern ein Aufruf zur Selbstbestimmung und inneren Freiheit. Sie schrieb über Themen, die auch heute brennen: Identität, Geschlechterrollen, seelische Stärke – und das unstillbare Verlangen, als Mensch und Künstlerin gehört zu werden.

Ihre Stimme hallt bis heute nach – zart, rebellisch, zeitlos.

Regie-Statement

Schon in jungen Jahren war Alfonsina Storni gezwungen, ein Leben zu meistern, das von Widrigkeiten geprägt war – einer Realität, der sie häufig entkam, indem sie Zuflucht in der lebendigen, grenzenlosen Welt ihrer Fantasie suchte.

Mit zunehmender Reife, als sie in sich selbst das entwickelte, was sie als einen „männlichen Geist“ bezeichnete, fand sie eine seltene und kraftvolle innere Stärke, um ihre künstlerische Stimme zu behaupten und ein Leben zu führen, das sowohl unabhängig als auch kompromisslos frei war.

Diese Inszenierung schöpft ihren Kern aus der Dualität zwischen Verletzlichkeit und Entschlossenheit – einer Spannung, die das gesamte Werk durchdringt. Auf der Bühne koexistieren diese beiden Dimensionen Alfonsinas: der kindliche Geist, der unschuldige Lügen spann, um geliebt zu werden, und die leidenschaftliche, furchtlose Frau, die letztlich den Tod als Akt der Befreiung von einem Körper wählte, der sie gefangen hielt.

Die Regie untersucht die Beziehung zwischen dem Körper der Protagonistin und dem szenischen Raum. Der Körper wird hier zum Schauplatz – des Schmerzes, ja, aber ebenso des Widerstands. Die Bühne rahmt ihre Reise nicht nur – sie verkörpert sie.

Ein zentrales Element der Regievision ist die psychologische Innenschau der Figur: der intensive Konflikt zwischen ihrer reichen inneren Welt und den Anforderungen der äußeren; zwischen den physischen Grenzen ihres Körpers und der Tiefe ihrer Emotionen; zwischen dem Instinkt zu überleben und der Sehnsucht nach Erlösung.

Das Wasser – in all seinen Formen: Meer, Ozean, Fluss – dient als wiederkehrendes, symbolisches Element des Stücks. Es ist zugleich Spiegel und Zeuge, Grenze und Übergang, Tod und Wiedergeburt. Im Wasser führt die Protagonistin ihren letzten, stillen Dialog.

Diese Inszenierung ist nicht nur eine Hommage an das Leben und Werk von Alfonsina Storni, sondern auch eine Reflexion über die komplexe Auseinandersetzung zwischen Identität, Körper und künstlerischer Stimme – eine Auseinandersetzung, die bis heute tiefgreifend aktuell ist.

Carlos Branca
Rosanna Pavarini

Lebensläufe und Biografien

Esther Haarbeck

  • Geboren: In Deutschland
  • Tätigkeit: Sängerin, Chorleiterin, Musikpädagogin

    Ausbildung & musikalischer Werdegang
  • Studium der Musikpädagogik und des Gesangs bei Edith Kertész.
  • Weiterbildung in Dirigieren und Kammermusik bei Albrecht Ostertag, Marianne Müller, Volker Deutsch und Christoph Brunner. Zusatzkurse in Gesang mit Improvisation sowie Musiktherapie.

    Musikalisches Schafen & Stil
  • Haarbeck verbindet in ihrer Arbeit klassische und moderne Kompositionen und legt besonderen Wert auf die Förderung zeitgenössischer Musik. Sie widmet sich dem Repertoire klassischer Komponisten ebenso wie neuen Ausgaben moderner Werke und der Unterstützung lebender Komponisten – insbesondere Ivo Antognini (Tessin) und Martín Palmeri (Argentinien).

    Berufliche Tätigkeit & Engagement
  • Musiklehrerin an der Musikschule Hergiswil NW.
  • Leitet verschiedene Chöre im Tessin und in der Innerschweiz.
  • Ihr pädagogischer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Chorklang und Ensemblebewusstsein: Sie fördert das Singen in grossen und kleinen Formationen, wie Quartetten oder Oktetten, und legt dabei Wert auf stimmliche und interpretatorische Weiterentwicklung.

    Bedeutung & Besonderheiten
  • Esther Haarbeck versteht Musik als gemeinschaftlichen Prozess.
  • Ihr Ziel ist es, Chorsänger:innen für musikalische Strukturen und klangliche Feinheiten zu sensibilisieren, den gegenseitigen Austausch zu fördern und den Chor zu einem lebendigen Klangkörper weiterzuentwickeln.

Martín Palmeri

  • Geboren: 19. Juli 1965, Buenos Aires (Argentinien)
  • Tätigkeit: Komponist, Dirigent, Pianist

    Ausbildung & musikalischer Werdegang
  • Studium Komposition bei Daniel Montes, Marcelo Chevalier, Rodolfo Mederos, Virtú Maragno und Edgar Grana (New York), Chorleitung bei Antonio Russo und Néstor Zadoff, Orchesterleitung bei Mario Benzecry, Gesang bei Amalia Estévez und José Crea, Klavierunterricht bei Eduardo Páez und Orlando Trípodi

    Musikalisches Schafen & Stil
  • Palmeris Stil verbindet klassische Formen mit Elementen des Tango Nuevo – besonders die Verbindung von Chor-/Orchester­musik mit Bandoneón und Tango-Rhythmen.
  • Sein bekanntestes Werk ist die Misa a Buenos Aires (Misatango) von 1996 – eine lateinische Messe, kombiniert mit Tango-Elementen.

    Wichtige Werke (Auswahl)
  • Misa a Buenos Aires (Misatango), 1996.
  • Tango del Bicentenario („Bicentenary Tango“)
  • Oratorio de Navidad („Weihnachts-Oratorium“), 2003.
  • Magnificat, 2012.
  • Nisi Dominus (Psalm 127), 2022.

    Auszeichnungen & besondere Meilensteine
  • 2003: Erster Preis im „Symphonic Work Essay Contest Juan Carlos Paz“ für sein „Concierto de Danzas für Cello und Orchester“.
  • 2010: Erster Preis beim Nationalen Chor-Arrangement Wettbewerb der Universität Rosario.
  • 2011: Erster Preis im Chor-Arrangement-Wettbewerb organisiert von AAMCANT (Argentinien).
  • Internationale Aufführungen seiner Werke in zahlreichen Ländern: z. B. Deutschland, Schweiz, USA, Österreich.

    Berufliche Tätigkeit & Engagement
  • Palmeri fungiert sowohl als Komponist als auch als Dirigent und Pianist, oft bei eigenen Aufführungen tätig.
  • Seine Werke werden weltweit von Chören und Orchestern aufgeführt, insbesondere die Verbindung von klassischen Formen mit Tango macht ihn international bekannt.

    Bedeutung & Besonderheiten
  • Martín Palmeri gilt als wichtiger Vertreter der zeitgenössischen Verbindung von Kirche, Chor und argentinischem Tango – eine ungewöhnliche und innovative Mischung.
  • Mit der „Misatango“ schuf er ein Werk, das sowohl im sakralen Kontext als auch im Konzertbetrieb große Resonanz gefunden hat – sowohl bei klassischen Chören als auch bei Tango-Interpreten.
  • Sein musikalischer Ansatz kann als Brücke verstanden werden: zwischen Argentinien und Europa, zwischen sakraler Musiktradition und populärer Kultur (Tango).

Workshops & Bildungsaspekt

Der Education-Bereich von ALFONSINA fördert künstlerische Teilhabe, interkulturellen Austausch und Nachwuchsentwicklung. In Kooperation mit weiterführenden Schulen in Luzern und Umgebung wird die Poesie von Alfonsina Storni auf kreative Weise in den Unterricht integriert und durch Workshops in Chor, Tanz und Ensemblearbeit praktisch erlebbar gemacht.

Über Open Calls an Schweizer Musikhochschulen – darunter Zürich, Bern, Luzern und Lausanne – erhalten Studierende die Möglichkeit, als Solist:innen oder Ensemblemitglieder aktiv mitzuwirken. Begleitet werden sie von erfahrenen Künstler:innen wie Martín Palmeri, Esther Haarbeck, Carlos Branca und Kathrin Goosses, die gemeinsam mit jungen Talenten und Laien künstlerische Prozesse gestalten und reflektieren.

So entsteht ein einzigartiger Lern- und Begegnungsraum, in dem Musik, Bildung und gesellschaftliches Engagement zusammenfinden – eine Brücke zwischen Schule, Bühne und Welt.


„Das Studium von Alfonsina Storni, einer im Tessin geborenen Dichterin, ist für Schüler von grundlegender Bedeutung, da ihre Gedichte universelle Themen wie Identität, Freiheit und die Lage der Frauen behandeln und zu tiefen Reflexionen und kritischem Denken anregen.

Der argentinische Komponist Martín Palmeri würdigte die Dichterin durch Musik und schuf Werke wie El Llamado, die es ihnen ermöglichen, Alfonsina auf eine neue und ansprechende Weise kennenzulernen. Die Einbindung dieser Erfahrungen in Schulen würde den Schülern helfen, den kulturellen und sozialen Wert von Alfonsina besser zu verstehen

Aufgrund seiner Arbeit, die das Lernen lebendiger und multidisziplinärer macht, ist es wichtig, dass die Gedichte von Alfonsina Storni, auch durch Palmeris Werk, im Klassenzimmer gelehrt werden.“

– Francesca Dellea, Gymnasium Locarno, Musiklehrerin

Theaterkonzept
Kathrin Gooses

Theaterpädagogisches Konzept von Kathrin Goosses, Theaterpädagogin MA

Das theaterpädagogische Konzept von Kathrin Goosses lädt junge Menschen ein, sich auf eine künstlerische Entdeckungsreise in das Leben und Werk der argentinischen Dichterin, Dramatikerin und Pädagogin Alfonsina Storni zu begeben. Ausgangspunkt ist das zentrale Motiv des Wassers – Symbol für Bewegung, Freiheit und innere Tiefe, das sich wie ein roter Faden durch Stornis Schaffen zieht.

In einem prozessorientierten Arbeitsansatz erkunden Jugendliche Alfonsinas Themen – Selbstbestimmung, Identität, gesellschaftliche Grenzen und den Mut zur Veränderung – auf kreative Weise. Durch Improvisation, chorisches Sprechen, Bewegung, Materialtheater und Musik entsteht ein künstlerischer Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dabei werden nicht nur Texte interpretiert, sondern Emotionen, Erfahrungen und eigene Lebensfragen in die szenische Arbeit eingebracht.

Alfonsina Storni war selbst Lehrerin und Theaterautorin, die jungen Menschen ästhetische Erfahrungen ermöglichte. Diese Haltung greift das Konzept auf: Es fördert Selbstwirksamkeit, Kreativität und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen aus einer persönlichen Perspektive. Die Teilnehmenden werden zu Mitgestalter:innen – sie entwickeln Szenen, treffen dramaturgische Entscheidungen und verweben Sprache, Musik und Bewegung zu einem gemeinsamen künstlerischen Ausdruck.

So entsteht ein Raum des Lernens und Erlebens, in dem Wasser nicht nur als Motiv, sondern als Metapher für Wandel, Widerstand und weibliche Stärke erfahrbar wird.

Notizen des Komponisten
Martín Palmeri

„Man nannte mich Alfonsina – das bedeutet ‚bereit für alles‘.“

Ein kleines Mädchen, kaum vier Jahre alt, geboren im idyllischen Sala Capriasca am Fuss der Schweizer Alpen, überquert mit seiner Familie den Atlantik. Ihr Ziel: ein unbekanntes Land auf der anderen Seite der Welt – Argentinien.
Doch dort erwartet sie kein einfaches Leben. Der Vater, vom Alkohol gezeichnet, nimmt sich das Leben, als Alfonsina noch ein Teenager ist. Früh muss sie Verantwortung übernehmen, die Mutter unterstützen und erkennen, dass Freiheit und Selbstbestimmung den Männern vorbehalten scheinen.

Das Libretto erzählt von der kindlichen Alfonsina – einem Mädchen, das mit Fantasie und Einbildungskraft die Härte des Alltags überwindet. Ihre „Lügen“ sind Fluchtorte, kleine, selbst erschaffene Welten.
Sie stiehlt ein Buch, um lesen zu können, und hält es verkehrt herum – ein Bild für den ungestillten Hunger nach Wissen und Ausdruck.

„Auf der Türschwelle sitze ich, bewege die Lippen, als würde ich lesen, und beobachte verstohlen, wie die Leute reagieren. Einige Cousins rufen lachend, dass ich das Buch falsch herum halte – ich renne hinter die Tür und weine.“

Der Diebstahl bleibt nicht unentdeckt. Als das Geschäft den Vorfall meldet, versucht Alfonsina sich zu rechtfertigen, doch niemand glaubt ihr. Sie wird als Lügnerin abgestempelt, auch weil sie Mitschülerinnen zu einer erfundenen Feier einlädt, die nur in ihrer Fantasie existiert.

„Das Unrecht, das man mir tat, und die Scham, die ich dabei spürte, sind tief in mir eingebrannt. Ich erinnere mich an jene Nacht: Da begann ein Keim von Anarchie in meinem Kopf zu spriessen.“

Aus dieser Erfahrung wächst eine innere Rebellion. Um der Enge ihrer Zeit zu entkommen, bildet Alfonsina – wie sie selbst sagt – ein „männliches Gehirn“, um denken, schreiben und leben zu können wie ein freier Mensch.

Im weiteren Verlauf des Librettos begegnen wir der jungen Frau Alfonsina: Sie streift durch Buenos Aires, beobachtet Menschen und Alltagsszenen, sammelt Gesten, Stimmen und Gefühle. Ihre Augen werden zum Spiegel einer Metropole im Aufbruch – Argentinien der 1920er-Jahre.
Sie ist mutig, eigenständig, unbeirrbar – eine Vordenkerin weiblicher Unabhängigkeit und Selbstbehauptung.

Im Kontrast zu ihr steht Silvina Ocampo, Vertreterin der Oberschicht, gefangen in gesellschaftlichen Zwängen. Alfonsina, arm und stolz, findet ihre eigene Lösung – allein, geführt von ihrem Gewissen.

Für Alfonsina liegt die Welt nicht in Macht oder Besitz, sondern im Reich der Gefühle – in Unruhe, Leidenschaft, Zorn und Sehnsucht.

„Mein Leben ist ein einziges Abenteuer – umhüllt von einer leichten Wolke des Wahnsinns.“

Schon früh sucht sie Ausdruck im Schreiben. Mit zwölf Jahren verfasst sie ihr erstes Gedicht – über Tod und Vergänglichkeit. Die Strafe der Mutter ist hart, doch Alfonsina findet Zuflucht im Schreiben.

„Von da an waren meine Taschen und Kleider voller Papierfetzen, vollgeschrieben mit Worten, die wie Brotkrumen vergingen.“

„Mein grösstes Scheitern war, dass ich nie beweisen konnte, dass ich – weil ich ein männliches Gehirn besass – das Recht hatte, mein Leben mit derselben Unabhängigkeit und Würde zu führen wie ein Mann.“

Später beschreibt sie, wie sie in einem stickigen Büro arbeitet, von Maschinen und Lärm umgeben – und dennoch ihr erstes Buch schreibt:

„Ich schrieb es, um nicht zu sterben.“

Sie sieht sich als Wölfin, als Frau, die die Herde verlässt, um ihren eigenen Weg zu gehen:

„Ich bin wie die Wölfin. Ich habe die Herde verlassen, bin in die Berge gegangen, müde von der Ebene. Ich habe ein Kind, geboren aus Liebe – einer Liebe ohne Gesetz. Ich gehe allein, lache über die Herde. Ich verdiene mein Leben selbst – mit meinen Händen und meinem klaren Verstand.“

Wie eine moderne Eva stellt sie Fragen, die nicht gestellt werden dürfen. Ihre Ironie ist Schutzschild und Waffe zugleich – ein Spiel mit gesellschaftlichen Erwartungen und weiblicher Rolle.

„Wir tragen ein Meer in uns – unbeholfen, töricht, das uns oft überkommt, und das wir doch mit seltener Kunst zu bändigen wissen.“

„Unser Inneres ist aus dem Gleichgewicht – ein Glaslicht, eine Karnevalsfrucht, geschmückt mit den Schuppen böser Schlangen.“

Einmal, als Jugendliche, verschwindet sie nach einer Kränkung. Man findet sie am Fluss, weinend auf einem Stein. Diese Szene scheint ein Vorbote ihres späteren Schicksals – des letzten Wegs ins Meer.
Ihr innerer Kampf zwischen Weitermachen und Aufgeben war schon damals Teil ihrer Natur.

Alfonsinas Mutter Paulina beschreibt sie als aussergewöhnlich kluges und sensibles Kind, das sich mit oberflächlichen Erklärungen nie zufriedengab. Fantasie und Vorstellungskraft bestimmten ihr Denken:

„Alfonsina war ein kluges, nachdenkliches Kind. Allgemeine Erklärungen genügten ihr nicht. Ihre Fantasie war gross – sie erfand Geschichten, etwa, dass ihre Familie ein Landhaus besässe, und lud Lehrerinnen dorthin ein, überzeugt, dass solche kleinen Lügen harmlos seien. Sie unterschied nicht zwischen Lüge und Vorstellung – ihr Wunsch, andere zu beeindrucken, war stärker.“

Paulina betont zugleich die familiären Wurzeln – eine Herkunft, reich an Geist, Bildung und schöpferischer Kraft, auch ohne materiellen Reichtum.


Zur Integration ins Libretto vorgeschlagene Gedichte:
A mi padre, De mi padre se cuenta…, Ultrateléfono, Tú me quieres alba, Hombre pequeñito und Voy a dormir.

Diese Texte bilden die emotionale Essenz von Alfonsinas Werk – sie erzählen von weiblicher Stärke, innerer Freiheit, Schmerz und Liebe.

Alfonsinas Gedichte
(Eine Auswahl)

An meinen Vater
(A mi padre)

Du sagtest mir: Mein Vater weinte nicht.
Du sagtest mir: Mein Grossvater weinte nicht.
Die Männer meiner Familie weinten nie –
sie waren aus Stahl.

So sagtest du –
und doch trat dir eine Träne aus dem Auge,
die auf meinen Mund fiel.
Nie habe ich ein bittereres Gift
aus so kleinem Gefäss getrunken.

Arme Frau, schwaches Weib, das versteht –
beim Trinken dieser Träne
erkannte ich den Schmerz von Jahrhunderten.
Meine Seele kann kaum
sein ganzes Gewicht ertragen.

Du willst mich weiss
(Tú me quieres alba)

Du willst mich weiss,
du willst mich aus Schaum,
du willst mich aus Perlmutt.

Dass ich eine Lilie sei,
rein über allen,
zart im Duft,
eine geschlossene Blüte.

Kein Mondstrahl
soll mich je berührt haben,
keine Margerite
mich Schwester nennen.

Du willst mich schneeweiss,
du willst mich rein,
du willst mich unschuldig.

Du,
der du alle Becher gekostet hast,
mit purpurnen Lippen
von Wein und Lust,
du,
der du in Bacchus’ Gärten
im roten Gewand
dem Untergang entgegenliefst.

Du,
der du dein Skelett
noch immer unversehrt bewahrst
durch irgendein Wunder,
wagst es, mich weiss zu wollen.
(Möge Gott dir vergeben.)
Mich rein zu wollen.
(Möge Gott dir vergeben.)
Mich unschuldig zu wollen.

Geh in die Wälder,
geh in die Berge,
wasch dir den Mund,
lebe in den Hütten,
berühre die feuchte Erde,
ernähre dich von bitteren Wurzeln,
trink von den Felsen,
schlafe auf Eis,
erneuere dein Fleisch
mit Salz und Wasser,
sprich mit den Vögeln,
steh auf im Morgengrauen.

Und wenn dein Körper
wiedergeboren ist,
und wenn du ihm die Seele
zurückgegeben hast,
die du in den Kammern
verloren hast –

dann, guter Mann,
dann darfst du mich weiss wollen,
mich rein,
mich unschuldig.

Ich gehe schlafen
(Voy a dormir)

Blumenzähne, Haube aus Tau,
Hände aus Kräutern –
du, feine Amme,
halte mir die erdigen Laken bereit
und die Decke aus weichem Moos.

Ich gehe schlafen, meine Amme –
wiege mich ein.

Stell mir eine Lampe an die Seite,
eine Konstellation –
welche du willst,
sie sind alle gut;
nur senke sie ein wenig.

Lass mich allein.
Hörst du, wie die Knospen platzen?
Ein himmlischer Fuss wiegt dich von oben,
und ein Vogel zeichnet Takte in die Luft,
damit du vergisst…

Danke.
Ah – noch eins:
Wenn er wieder anruft,
sag ihm, er soll nicht insistieren –
ich bin fortgegangen.

Von meinem Vater erzählt man…
(De mi padre se cuenta…)

Von meinem Vater erzählt man,
dass er bei Tagesanbruch zur Jagd aufbrach,
nur begleitet von seinem Windhund.

Und auf dem langen Weg,
um sich die Zeit zu vertreiben,
blickte er ihm in die Augen –
und der Hund begann zu winseln.

Man sagt, er streifte durch die Wälder,
auf der Suche nach einer frechen Schlange,
und wenn er eine fand,
die sich aufrichtete zum Angriff,
erschoss er sie vergnügt –
mit einem Schuss, der ihr den Kopf spaltete.

Oft blieb er tagelang fort,
einsam, schweigsam,
schlief auf der Erde,
ernährte sich von Vögeln.

Und nur, wenn der Zonda wehte –
der heisse, sandige Wind,
der die Insekten und Körner
über die Ebenen San Juans peitscht –
dann sang er unter freiem Himmel.

Über das Telefon
(Ultrateléfono)

„Mit Horacio? – Ich weiss,
dass du nun Tauben in der Blase nistest
und dein gläsernes Motorrad
lautlos durch den Himmel fliegt.

Vater? – Ich habe geträumt,
deine Flasche sei gewachsen wie der Tupungato,
sie enthalte noch immer deinen Zorn und meine Verse.
Gib mir einen Tropfen. Danke. Jetzt geht es mir besser.

Ich werde euch bald besuchen –
empfangt mich mit jenem Frosch,
den ich in San Juan getötet habe. Armer Frosch,
meine Cousins beendeten sein Leben mit Steinen,
und sein Begräbnis – mit Bratpfannen und Rosen.“

(Über Quiroga und den Vater schreibt sie später:
„Die Dschungel, die Schlange,
die Kugel im Kopf des Tieres,
die Wut, jene unheilbare Melancholie,
die Quiroga bis zum Ende verfolgte –
sie alle vereint sie im Gedicht vom Tod.
Ein schwarzer Humor, fast Sarkasmus,
trägt sie dazu, das Gedicht
mit dem Begräbnis eines Frosches zu schliessen,
der wie ein Ochse scheint.“)

Kleiner Mann
(Hombre pequeñito)

Kleiner Mann, kleiner Mann,
lass deinen Kanarienvogel frei –
er will fliegen!

Ich bin der Kanarienvogel,
kleiner Mann,
lass mich hinaus.

Ich war in deinem Käfig,
kleiner Mann,
kleiner Mann, der mir ein Gitter gibt.

Ich sage „klein“,
weil du mich nicht verstehst –
und nie verstehen wirst.

Ich verstehe dich auch nicht,
aber immerhin:
öffne mir den Käfig,
ich will hinaus.

Kleiner Mann,
ich habe dich eine halbe Stunde geliebt –
erwarte nicht mehr von mir.

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